Wissenschaftler*innen von zwei Max-Planck-Instituten entdecken die erste experimentelle Methode zur Messung niederenergetischer, spinverbotener Übergänge in molekularen Katalysatoren

Katalysatoren auf Eisenbasis sind in verschiedenen Bereichen, darunter Medizin-, Energie- und Umweltwissenschaften, von wesentlicher Bedeutung. Sie ermöglichen Reaktionen, die für die Herstellung von Arzneimitteln, sauberen Kraftstoffen und den Abbau von Schadstoffen unerlässlich sind. Zudem ermöglichen sie die gezielte Umwandlung von Molekülen in die gewünschten Produkte, und zwar mit energieeffizienten und umweltfreundlichen Methoden. Die chemischen Eigenschaften dieser eisenbasierten Katalysatoren hängen vom Oxidations- und Spin-Zustand des Eisens ab – Veränderungen in diesen beiden Bereichen können zu sehr unterschiedlichen Reaktivitäten und Produkten führen. Eine große Herausforderung in der Katalyse besteht darin, die unterschiedlichen Reaktivitäten der einzelnen Spinzustände gezielt so auszunutzen, dass eine effizientere Reaktionsführung möglich ist, ohne aber die Spezifizität der Katalysatoren zu beeinträchtigen.

Insbesondere Verbindungen von Eisen und Sauerstoff, so genannte Eisen(IV)-Oxo-Komplexe, sind hochreaktive Zwischenprodukte, die an verschiedenen Oxidationsreaktionen beteiligt sind. Ein Beispiel dafür ist die Umwandlung von Methan in Methanol – eine der Traumreaktionen der chemischen Katalyse. Es ist bekannt, dass Eisen(IV)-Oxo-Katalysatoren entweder den Spin-Zustand S = 2 oder S = 1 aufweisen, wobei sich der Spin-Zustand S = 2 im Allgemeinen als reaktiver erwiesen hat. Eine seit langem bestehende Theorie, die als „Zwei-Zustands-Reaktivitätsmodell“ bekannt ist, besagt, dass die Katalysatoren mit einem S = 1-Grundzustand zwischen verschiedenen Spin-Zuständen wechseln können, um Reaktionen auszulösen. Ein Bestandteil dieser Theorie ist, dass der Energieunterschied zwischen diesen beiden Spinzuständen mit der Reaktivität der Verbindung korreliert sein sollte. Bisher war es allerdings nicht möglich, den Energieunterschied zwischen diesen Spinzuständen experimentell zu erfassen. Die Messung dieser Anregungsenergie ist in zweierlei Hinsicht schwierig: Die Übergänge zwischen diesen Zuständen sind spinverboten, was zu einer sehr geringen Intensität führt, und es wird erwartet, dass sie niederenergetisch sind, was sie außerhalb des Bereichs spektroskopischer Messmethoden bringt.

Forschenden des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion und des Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung ist ein bedeutender Durchbruch im Verständnis des Mechanismus der Zweizustandsreaktivität gelungen. Mit einer Kombination aus hochmodernen spektroskopischen Techniken (resonante inelastische Röntgenstreuung (gesammelt an der PEAXIS-Beamline am BESSY II Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie) und magnetischer Zirkulardichroismus, MCD), konnten die Forschenden die schwer fassbare Triplett-Quintett-Anregungsenergie in diesen Komplexen erstmals direkt messen und erfolgreich mit der beobachteten Reaktivität korrelieren.

Die Auswirkungen dieser Forschung sind bedeutend: Mit den experimentellen Messungen dieser entscheidenden Anregung können die Wissenschaftler nun ihre theoretischen Modelle überprüfen und gegebenenfalls auch optimieren, um so effizientere und selektivere Katalysatoren zu entwickeln. Diese Arbeit stellt unseres Wissens nach die erste experimentelle Methode dar, welche zur Messung niederenergetischer, spinverbotener Übergänge in molekularen Katalysatoren geeignet ist.

Originalpublikation:
Rice, D. B., Wong, D., Weyhermüller, T., Neese, F., & DeBeer, S. (2024). The spin-forbidden transition in iron(IV)-oxo catalysts relevant to two-state reactivity. Science Advances, 10(26), eado1603. doi:10.1126/sciadv.ado1603

Quelle: IDW 

Zwei-Zustands-Reaktivitätsmodell
Ein Zwei-Zustands-Reaktivitätsmodell ist ein Konzept in der Quantenmechanik und Chemie, das die Reaktivität von Systemen beschreibt, die zwischen zwei verschiedenen elektronischen Zuständen wechseln können. Die Hauptmerkmale dieses Modells sind:

  • Das System kann sich in einem von zwei möglichen Zuständen befinden, oft bezeichnet als Grundzustand und angeregter Zustand.
  • Diese beiden Zustände haben unterschiedliche Energieniveaus und können durch externe Einflüsse ineinander übergehen.
  • Der Übergang zwischen den Zuständen kann durch verschiedene Mechanismen ausgelöst werden, wie zum Beispiel durch die Absorption oder Emission von Licht oder durch chemische Reaktionen.
  • Die Wahrscheinlichkeit, das System in einem der beiden Zustände zu finden, kann oszillieren, wenn eine Störung auf das System einwirkt. Diese Oszillationen werden als Rabi-Oszillationen bezeichnet.
  • Das Modell wird oft verwendet, um komplexe chemische Reaktionen zu erklären, bei denen ein Reaktant zwischen zwei elektronischen Zuständen wechselt und dadurch unterschiedliche Reaktivitäten aufweist.

Das Zwei-Zustands-Reaktivitätsmodell ist besonders nützlich für das Verständnis von Prozessen wie der C-H-Aktivierung durch Metalloxid-Kationen oder der Aktivität bestimmter Enzyme. Es bietet einen konzeptionellen Rahmen, um die Reaktivität von Systemen zu verstehen, die nicht durch einen einzelnen elektronischen Zustand adäquat beschrieben werden können. Quelle: perplexity.ai

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert