Zusammenfassung: Chemische Heuristiken sind für das Verständnis von Molekülen und Materialien in der Chemie unerlässlich. Das Periodensystem, Atomradien und Elektronegativitäten sind nur einige Beispiele. Ursprünglich wurden sie durch eine Kombination aus physikalischen Erkenntnissen und einer begrenzten Menge an Daten entwickelt. Heute ist es möglich, diese Heuristiken zu testen und neue Heuristiken zu entwickeln, indem man die Automatisierung auf der Grundlage von Materialinformatik-Tools wie pymatgen und größeren Datenmengen aus Datenbanken wie dem Materials Project nutzt. In dieser Sitzung werde ich über Heuristiken und Designregeln sprechen, die auf Koordinationsumgebungen und dem Konzept der chemischen Bindung basieren. Wir haben zum Beispiel die Pauling-Regeln, die die Stabilität von Materialien auf der Grundlage von Koordinationsumgebungen und deren Verbindungen beschreiben, an 5000 Oxiden aus dem Materials Project getestet. Darüber hinaus haben wir mit Lobster (www.cohp.de) automatisierte Prozesse zur Analyse der chemischen Bindungssituation in kristallinen Materialien entwickelt, um neue Heuristiken und Designregeln zu entdecken.
Weitere Informationen:
Interview „Datengesteuert neue Materialien für sichere Anwendungen finden“
Du bist mit dem Vortrag „Data-driven materials discovery and chemical understanding“ gestartet – was fasziniert dich an diesem Thema?
Ich finde es sehr faszinierend, wie gut sich mittlerweile Materialeigenschaften bekannter und unbekannter Materialien voraussetzungsfrei vorhersagen lassen. Das ermöglicht es, heute am Computer nach neuen Materialien für Anwendungen im Bereich von Batterien oder für Solarzellen zu suchen. Wir können also riesige Datenbanken mit Materialeigenschaften berechnen, ohne dass wir all diese Materialien synthetisieren und experimentell charakterisieren müssen. Diese Datenbanken können wir dann durchsuchen oder nutzen, um Methoden aus dem Bereich des maschinellen Lernens einzusetzen. Dies ist auf der Grundlage experimenteller Daten allein oft nicht möglich, da diese oft unter verschiedenen und manchmal unbekannten Bedingungen erhalten wurden und wir oft viel zu wenig experimentelle Daten haben. Insgesamt kann das helfen, neue Materialien zu finden oder auch neue chemische/physikalische Erkenntnisse in diesem Bereich zu erlangen.